Förderung der strukturellen Durchlässigkeit im Sozial- und Gesundheitssektor: Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von ECTS-relevanten Schulungskonzepten

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1. April 2013: Ein Jahr Anerkennungsgesetz auf Bundesebene

Eine im Jahr 2012 durchgeführte qualitative Befragung von 30 Migrantinnen und Migranten, die ihre beruflichen Qualifikationen im Ausland erworben haben, zeigte, dass dieser Personenkreis – trotz hoher Qualifikationen – kaum in den deutschen Arbeitsmarkt integriert ist. Die meisten von ihnen arbeiten unterhalb ihrer eigentlichen Qualifikationen. Eine volle Anerkennung haben lediglich sechs der 30 Befragten erlangt. Viele von ihnen sind arbeitslos oder befinden sich in einem prekären Beschäftigungsverhältnis. Da sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen wollen, nehmen viele der Befragten an Weiterbildungen oder Umschulungsmaßnahmen teil (Müller & Ayan, 2013).

Um diese Situation für ausländische Fachkräfte zu verbessern und die dringend benötigten Qualifikationen dem deutschen Arbeitsmarkt zugänglich zu machen, ist am 1. April 2012 das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) in Kraft getreten. Wie sieht die Bilanz nach einem Jahr Anerkennungsgesetz aus?

Im ersten Jahr haben ca. 30.000 Personen einen Antrag auf Anerkennung ihrer ausländischen Berufsabschlüsse – zumeist in den reglementierten Berufen des Gesundheitswesens – gestellt (BMBF, 2013) und erhielten zum größten Teil die volle oder teilweise Anerkennung ihres Abschlusses (BIBB, 2013). Diese Zahlen deuten auf eine positive Wirkung des Anerkennungsgesetzes hin, zumal durch die nun vorhandene Rechtssicherheit wertvolle Potenziale für den deutschen Arbeitsmarkt gewonnen werden können. Das BQFG umfasst jedoch nur Berufe, die auf Bundesebene geregelt sind. Neben den reglementierten Berufen wie Ärzte sowie Gesundheits- und Krankenpfleger sind dies vor allem die (nicht reglementierten) Ausbildungsberufe.

Insbesondere in den sozialen Berufen wie Lehrer und Erzieher, die nicht unter die Regelungen des BQFG fallen, ist jedoch ein großer Fachkräftebedarf zu verzeichnen. Diese Berufe werden auf Landesebene geregelt und unterliegen folglich den Landesanerkennungsgesetzen. Hier ist weiterhin ein dringender Handlungsbedarf zu konstatieren, da derzeit in lediglich fünf Bundesländern eine entsprechende Rechtssicherheit herrscht. Nach Angaben der Bundesregierung beraten die Landtage in Bayern und Nordrhein-Westfalen entsprechende Landesgesetze. Die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben bereits Gesetzentwürfe vorbereitet  (Bundesregierung, 2013).

Neben der Möglichkeit, die wertvollen Potenziale von Migrantinnen und Migranten dem deutschen Arbeitsmarkt zugänglich zu machen, ist mit dem Anerkennungsgesetz auch ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Willkommenskultur getan. Nicht das Herkunftsland, sondern die Qualifikationen sind entscheidend und erfahren somit eine dringend benötigte Wertschätzung.

 

Quellen:

Müller, E.M. & Ayan, T. (2013). Die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen im Sozial- und Gesundheitswesen. Eine hypothesengenerierende Pilotstudie unter Migranten. Im Erscheinen.

BMBF (2013). Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, abrufbar unter: http://www.bmbf.de/de/15644.php

Bundesregierung (2013). Ein Jahr Anerkennungsgesetz, abrufbar unter: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2013/04/2013-04-03-ein-jahr-anerkennungsgesetz.html

BIBB (2013). Daten zum Vollzug des Anerkennungsgesetzes, abrufbar unter: www.anerkennung-in-deutschland.de/html/de/422.php