Förderung der strukturellen Durchlässigkeit im Sozial- und Gesundheitssektor: Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von ECTS-relevanten Schulungskonzepten

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10. Mai 2012: 79. Deutscher Fürsorgetag in Hannover: „Ohne Bildung keine Teilhabe – von der frühen Kindheit bis ins hohe Alter“

Alle drei Jahre versammeln sich Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Wohlfahrtsverbände, sozialer Institutionen und Initiativen, Ministerien, Universitäten sowie Fachverlage beim Deutschen Fürsorgetag. In diesem Jahr war dieser Fachkongress zu Gast in Hannover. Mit über 1500 Teilnehmern zeigte sich erneut der große Bedarf an Austausch in sozialen Fragen.

An dem Vortragspodium nahmen Prof. Dr. Karin Böllert (Universität Münster), Mario Heller (Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuz, Berlin) sowie Dr. Claudia Michels (Werbeagentur trio-group, München), teil. Nach der Einleitung durch Michael Kriegel (Fachhochschule der Diakonie Bielefeld) beleuchtete Mario Heller die Beschäftigungssituation im Sozial- und Gesundheitswesen aus der Sicht seines Verbandes. Die Situation „brenne“, so Heller, da offene Stellen nicht zeitnah adäquat besetzt werden können. Gründe für diese sektorenspezifischen Fachkräfteengpässe und regionalen Fachkräftelücken sieht er im Image, den Vergütungsstrukturen sowie in den Gesundheits- und Arbeitsbedingungen dieser Berufe.

Lösungsansätze sieht der Verband im Ausbau der Teilzeitstellen zu Vollzeitbeschäftigten und in der Verringerung der Fluktuation hin zu einer längeren Verweildauer. Ebenso wichtig sind überbetriebliche Lobbyarbeit und Tarifpolitik. Dabei sind gleichermaßen die Region, die jeweilige betriebliche Situation und Merkmale des Sektors zu berücksichtigen. 

Auf innerbetrieblicher Ebene bedarf es der Professionalisierung der Personalgewinnung- und Entwicklung: Starke Personalbindung sowie flexible, nachfrageorientierte, vorausschauende und lebensphasenorientierte Mitarbeiterführung sind vonnöten – so der Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes. Positiv hob Mario Heller Initiativen wie das ESF-Programm „Rückenwind – Für die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. hervor, das Fördermöglichkeiten und gute Praxisbeispiele für eine Personalentwicklung in der Sozialwirtschaft liefere.

Prof. Dr. Karin Böllert illustrierte die aktuelle Praxis anhand wichtiger Statistiken zur Beschäftigungssituation in der Kinder und Jugendhilfe – einem Expansionsfeld. Vor allem Berufseinsteigerinnen finden hier ihren Platz, wobei Teilzeitarbeit der Normalfall sei. Ein großer Zuwachs sei in der Beschäftigung innerhalb sozialpädagogischer Beratungsstellen zu verzeichnen. Problematisch sei dabei die Tendenz, dass Beschäftigte ihre Existenz mit dem Arbeitslohn nicht mehr absichern können. Inhaltlich bedarf es vor allem einer qualifizierten Begleitung der Berufseinsteigerinnen sowie der Entwicklung von Arbeitsgestaltungsmodellen, die für ältere Beschäftigte „nicht zwangsläufig im Burnout“ endeten. Ebenso sei eine familienfreundliche Gestaltung der Arbeitsplätze notwendig und eine Steigerung der Übergangsquote junger ausgebildeter Fachkräfte in den entsprechenden Beruf. Der Wettbewerb um ausbildungswillige junge Menschen steige, so Karin Böllert. 

Dr. Claudia Michels von der Werbeagentur trio-group stellte die Werbekampagne „Herzwerker“ [http://www.herzwerker.de] vor. Ziel dieses Projekts, welches das Bayrische Sozialministerium für soziale Berufe in Auftrag gegeben hat, sei es, auf echte und authentische Weise auf soziale Berufe und deren Attraktivität aufmerksam zu machen. Die Darstellung als eigener Arbeitsmarkt im Wettbewerb fehle im sozialen Sektor, so Michels. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Agentur ist ein ansprechendes Design verschiedener Versionen der Kampagne für die Kinder-, Jugend- und Altenhilfe, sowie für Initiativen zur Unterstützung behinderter Menschen gelungen.

An diesem Gestaltungsprozess waren ebenfalls junge Frauen und Männer aus sozialen Tätigkeitsfeldern beteiligt. Einrichtungen und Ausbildungsstätten können sich nun dieser Werbeprodukte bedienen, um auf sich aufmerksam zu machen und Personal zu gewinnen. Hierbei sei es zunächst notwendig, mit negativen Bildern und Klischees in den Köpfen der Menschen zu arbeiten, um sie zu überwinden und den Blick auf vorhandene Stärken der Berufe zu lenken. Michels sagte dazu: „Altenpflege ist mehr als Popo wischen“. Mit Erfolg: Seit dem Start der neuen Initiative, derer sich soziale Einrichtungen in Bayern bedienen können, ist der Anteil junger Menschen, die sich um einen Ausbildungsplatz im Altenpflegebereich beworben haben, um 10% gestiegen. Die Entwicklung des Labels wird weiter geführt.

Die Diskussion verdeutlichte den dringenden Handlungsbedarf bei der Fachkräftegewinnung im Sozial- und Gesundheitswesen. Es bedarf einer konzertierten Aktion der beteiligten Akteure und der Bereitschaft, neue Wege der Personalrekrutierung zu gehen, um hier langfristig erfolgreich gegensteuern zu können.

 

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.deutscher-fuersorgetag.de
www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de

Vortrag von Mario Heller, Deutsches Rotes Kreuz

An insgesamt drei Tagen gab es zahlreiche Symposien und Veranstaltungen zu bildungs- und sozialpolitischen Themen. Für das Projekt BEST WSG war vor allem das Vortragspodium „Den Wettbewerb nicht verschlafen – Personalgewinnung und Qualifizierung für soziale Arbeitsfelder“ von besonderer Bedeutung, da es hier grundlegende inhaltliche Schnittstellen gibt.