Förderung der strukturellen Durchlässigkeit im Sozial- und Gesundheitssektor: Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von ECTS-relevanten Schulungskonzepten

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24.-26. September 2014: DGWF-Jahrestagung in Hamburg: Projekt BEST WSG präsentierte Ergebnisse einer bundesweiten Befragung von Studierenden/Absolventen berufsbegleitender Pflegestudiengänge

Vom 24. bis 26. September 2014 fand in der Universität Hamburg die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) zum Thema „Wissenschaftliche Weiterbildung neu denken! – Ansätze und Modelle für eine innovative Gestaltung von Weiterbildung und lebenslangem Lernen an Hochschulen“ statt.

Teilnehmende der von Helmut Vogt (Mitte) moderierten Podiumsdiskussion

In insgesamt 17 Foren befassten sich die ca. 300 Teilnehmenden mit den Themenfeldern „Veränderte Studienformate“, „Anerkennung non-formalen und informellen Lernens“, „Offene und flexible Lernwege“, „Hochschule in der Kooperation“ und „Strukturelle Innovation“. Diese Aspekte spielen auch für die im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ unterstützen Projekte eine wichtige Rolle. Die DGWF-Vorsitzende Dr. Beate Hörr betonte daher in ihrer Begrüßungsrede, dass ihr Verband eine enge Zusammenarbeit mit dem Wettbewerb und den Förderprojekten anstrebe.

Nach Angaben der Veranstalter wurden in diesem Jahr ca. 80 qualitativ hochwertige Beiträge eingereicht. Unter den 34 ausgewählten Vorträgen war auch das Paper von Dr. Jürgen Zieher und Professor Dr. Türkan Ayan mit dem Titel „Ein Hochschulstudium lohnt sich auch für Quereinsteiger!“ im Themenfeld „Veränderte Studienformate“. Herr Zieher stellte den ca. 60 Zuhörerinnen und Zuhörern Ergebnisse einer vom Projekt BEST WSG im Sommer 2013 durchgeführten bundesweiten Befragung von 380 Studierenden und Absolventen berufsbegleitender Pflegestudiengänge vor.

Anhand dieser Ergebnisse lassen sich Förderfaktoren und Barrieren für eine wissenschaftliche Weiterbildung neben dem Beruf ableiten. Eine positive Wirkung haben insbesondere die Freistellung durch den Arbeitgeber für Präsenzphasen, eine finanzielle Absicherung auch bei reduzierter Arbeitszeit und die Unterstützung des/der Partners/Partnerin. Als hinderlich werden vor allem strukturelle Faktoren wie die verhältnismäßig geringe Bezahlung für Absolventen und die fehlenden Stellen für akademisch qualifizierte Pflegefachkräfte angesehen. Etwa jeder zweite Teilnehmer erwähnte auch Vorbehalten von Arbeitgebern gegenüber Pflegefachkräften mit akademischem Abschluss. Für eine höhere Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung sollten außerhochschulisch erworbene Kompetenzen stärker angerechnet, ein Kreditpunktesystem in der Aus- und Weiterbildung eingeführt und nicht-traditionelle Hochschulzugangswege ausgebaut werden. Zudem bedarf es gesellschaftlicher und betrieblicher Veränderungen, um die genannten strukturellen Barrieren abzubauen

Den vollständigen Vortrag von Herrn Dr. Zieher finden Sie hier.

Nach Abschluss der Foren stellte Professor Dr. Klaus Landfried, ehemaliger Präsident der TU Kaiserslautern und der Hochschulrektorenkonferenz zukunftsweisende Formate für wissenschaftliche Weiterbildung vor. Dazu gehören seiner Ansicht nach:

  1. Ein interaktives Fernstudium mit Präsenz- und Onlineanteilen.
  2. Baukastensysteme wissenschaftlicher Weiterbildung, die mit Zertifikaten unterhalb eines akademischen Abschlusses enden und Kooperationen mit Wirtschaft und Verbänden vorsehen.
  3. Kooperatives Forschen, das an Hochschulen und Unternehmen stattfindet.

Eine Verschulung des Studiums sei nicht das Ziel der Bologna-Reform gewesen, sondern sei das, was am Ende daraus gemacht wurde. Professor Landfried zufolge gibt es Spielräume, um Wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen zu betreiben. Allerdings müsse dies auch von allen beteiligten Akteuren gewollt sein und erfordere vor allem Flexibilität in den Köpfen. „Verregelte Systeme“ brauchen seiner Meinung nach „Musterbrecher“.

In der abschließenden Podiumsdiskussion tauschten Bildungsexperten ihre Sichtweisen hinsichtlich des „Szenarios Wissenschaftliche Weiterbildung 2025“ aus. Dabei prognostizierte Professor Andrä Wolter, Humboldt-Universität zu Berlin, dass künftig die Hochschulbildung die Berufsausbildung als stärkstes Ausbildungssegment ablöst. Die Differenzierung von beruflicher Bildung, hochschulischer Bildung und Weiterbildung werde so nicht aufrecht erhalten zu sein. Professor Petra Boxler, Akademie für Weiterbildung der Universität Bremen, regte an, das didaktische Know-How der Weiterbildung insbesondere im Umgang mit heterogenen Zielgruppen stärker zu nutzen.

Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang außerdem die Frage der Finanzierung: Wenn grundständige und weiterbildende Studiengänge zusammengelegt werden, wer muss dann zahlen und wer nicht? Laut Dr. Isabel Rohner, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, seien Studiengebühren irgendwann unvermeidlich, allerdings sollten diese „sozial verträglich“ und „nachgelagert“ erhoben werden. Als Stimme der Wirtschaft wünschte sie sich, dass die berufliche Bildung weiter gefördert und nicht gegen die hochschulische Bildung ausgespielt werde. Sie forderte mehr berufsbegleitende Bachelor- und Masterstudiengänge, die von den Unternehmen auch verstärkt als Mittel der Personalentwicklung und Mitarbeiterbindung eingesetzt werden. Einigkeit bestand auf dem Podium darüber, dass die Bedeutung von Weiterbildung an Hochschulen steigen wird und wissenschaftliche Weiterbildung mehr ins Zentrum der Hochschulen rücken wird.

Die nächste Tagung der DGWF wird im September 2015 in Freiburg stattfinden und Fragen der Didaktik in den Fokus nehmen.

(Autoren: Miriam Schäfer und Jürgen Zieher)