Förderung der strukturellen Durchlässigkeit im Sozial- und Gesundheitssektor: Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von ECTS-relevanten Schulungskonzepten

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9. Dezember 2014: Vortrag: „Die Gesellschaft bekommt die Pflege, die sie sich leistet.“

Vortrag an der Hochschule München zu Ergebnissen der bundesweiten Befragung von Studierenden/Absolventen berufsbegleitender Studiengängen

Auf Einladung der AG Pflegestudiengänge im Rahmen des Forschungsprojektes Offene Hochschule Oberbayern (OHO) an der Hochschule München präsentierte Dr. Jürgen Zieher am 9. Dezember 2014 Ergebnisse einer im Sommer 2013 vom Projekt BEST WSG durchgeführten bundesweiten Online-Befragung von 380 Studierenden und Absolventen aus dem Pflegebereich. Da sich beide im Rahmen des Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ geförderten Projekte mit der Akademisierung der Pflege befassen, bestehen vielfältige inhaltliche Anknüpfungspunkte. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Forschungsvorhabens OHO entwickeln unter anderem die beiden berufsbegleitenden, modularen und kumulativ studierbaren Studiengänge „B. Sc. Pflegewissenschaft“ und „M.Sc. Advancing Nursing Practice“. Diese Angebote richten sich an Personen mit abgeschlossener einschlägiger Ausbildung – auch ohne traditionelle Hochschulzugangsberechtigung.

Herr Zieher ging in seinem Vortrag zunächst auf die Studienmotive von beruflich Qualifizierten ein. Das Interesse an einer höheren Qualifizierung ist der am häufigsten angegebene Grund, gefolgt von dem Wunsch nach Sicherung der eigenen beruflichen Situation. Die ausgeprägte Bildungsaffinität der Befragten zeigt sich auch anhand deren sehr hohen Beteiligung an nicht-verpflichtenden Weiterbildungen. Anhand der genannten Erfahrungen während des Studiums lassen sich Förderfaktoren und Barrieren für eine wissenschaftliche Weiterbildung neben dem Beruf ableiten. Als hilfreich werden vor allem die Freistellung durch den Arbeitgeber für die Präsenzphasen und eine finanzielle Absicherung auch bei reduzierter Arbeitszeit angesehen. Negativ hingegen wirken sich insbesondere strukturelle Rahmenbedingungen wie die vergleichsweise geringe Bezahlung und fehlende Stellen für Pflegeakademiker aus. Um die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu verbessern, sollten z. B. außerhochschulisch erworbene Kompetenzen stärker angerechnet und ein Kreditpunktsystem in der Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften eingeführt werden. Die Befragung der Absolventen machte zudem deutlich, dass ein Hochschulexamen vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Pflege eröffnet.

In der anschließenden Diskussion tauschten sich die Teilnehmer/innen über aktuelle Entwicklungen in Pflegestudiengängen aus. Dabei zeigten sie sich darin einig, dass für die Beseitigung der bestehenden strukturellen Barrieren gesellschaftliche und betriebliche Veränderungen erforderlich sind. Dazu gehören beispielsweise die Etablierung einer spezifischen Vergütungsgruppe für Pflegeakademiker und eine höhere Sensibilität von Arbeitgebern im Hinblick auf weiterbildungsinteressierte Mitarbeiter/innen. Dieser Kreis hochmotivierter Beschäftigter sollte durch individuelle Förderung möglichst über den Studienabschluss hinaus an die jeweilige Einrichtung gebunden werden. Die genannten Veränderungen sollten einhergehen mit einer höheren gesellschaftlichen Wertschätzung für Pflege und Pflegekräfte. Erst dann werden die Bestrebungen für eine höhere Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung zu einer stärkeren Akademisierung der Pflege in Deutschland führen. Eine befragte Quereinsteigerin brachte dies folgendermaßen auf den Punkt: „Die Gesellschaft bekommt die Pflege, die sie sich leistet.“